Forschung

In 10 Arbeitspaketen (AP) werden zentrale Fragen zur Situation von Kindern und Jugendlichen in der Corona-Pandemie und Krisen allgemein gestellt
Die Ziele von coverCHILD sind insbesondere die Schaffung einer soliden Evidenzbasis zu den folgenden Aspekten anhand von literaturbasierten systematischen Übersichtsarbeiten, Datengenerierung und -austausch und beispielhaften Datenanalysen:

COVID-19-bedingte Krankheitsfolgen bei Kindern und Jugendlichen (AP4, AP6, AP7, AP8, AP9)

Kollaterale Auswirkungen der SARS-CoV2-Infektion, COVID-19 Erkrankung und der pandemiebedingten Einschränkungen auf Kinder, Jugendliche und ihre Familien (AP2, AP4, AP7, AP8, AP9)

Durchführbare, bedarfsorientierte und wirksame Interventionsprogramme zur Vorbeugung und Behandlung, die darauf abzielen, Kollateralauswirkungen auf die psychische Gesundheit zu verringern (AP3), die öffentliche Gesundheit und die Gesundheit der Bevölkerung zu unterstützen (AP5) und somatische Aspekte der direkten und indirekten Folgen der Pandemie anzugehen (AP7).

Diese Bemühungen werden von ethischen Folgeabschätzungen (AP9) und politischen Fragestellungen und Öffentlichkeitsarbeit (AP10) begleitet.

Durch die Einrichtung einer gemeinsamen Plattform wird coverCHILD die Option bieten, zukünftig alle deutschen Universitätskliniken, die Kinder und Jugendlichen versorgen, einzubeziehen. coverCHILD wird sich mit dem Forschungsbedarf befassen und die Erfahrungen in Deutschland nutzen, um eine Infrastruktur für künftige nationale und globale Interventionen sowie politische Beratung zur unmittelbaren Unterstützung von Kindern und Familien aufzubauen.

 

Arbeitspaket 1

Koordinierung, Steuerung und Umsetzung

Eine partizipative Steuerung wird zur Koordinierung eingeführt, um die gesundheitlichen Erkenntnisse bei Kindern schnell und valide auf altersbezogener Basis im Rahmen nationaler Kooperationsstrukturen zu bewerten, Gesundheitsprobleme anzugehen und rasch eine solide Grundlage für die politische Entscheidungsfindung zu schaffen. AP1 ergänzt und integriert die anderen Arbeitspakete und stellt sicher, dass die im Rahmen dieses Projektes gewonnene Evidenz weithin geteilt und im gesamten NUM genutzt wird, und eng mit der Politik und Praxis in Deutschland abgestimmt ist. Zur Koordinierung und Steuerung werden modernste Ansätze angewendet, um sowohl die wissenschaftliche Qualität der Daten als auch die Nutzung und den Nutzen der Ergebnisse für Politik und Praxis zu befördern.

In der in hohem Maße partizipativ organisierten coverCHILD-Steuerungsstruktur werden die Partner sowohl in den strukturellen als auch in den regulatorischen Netzwerkprozessen eng zusammenarbeiten. Ein interdisziplinäres Gremium von Experten und Interessenvertretern, einschließlich Peer-Verbänden, wird coverCHILD von der Konzeption bis zur Forschungsdurchführung und der Übertragung in und Zusammenarbeit mit politischen Entscheidungsgremien unterstützen.

Leiter:innen des Arbeitspakets

  • Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer
    Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
  • Dr. Annic Weyersberg
    Uniklinik Köln
  • Prof. Dr. Reinhard Berner
    Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

Arbeitspaket 2

Gesundheit von Kindern und Familien im Verlauf der Pandemie – Evidenzsammlung

Die Ermittlung der Auswirkungen der Pandemie auf die körperliche und psychische Gesundheit, die Auswirkungen auf schulische Aspekte, sowie auf das Risiko von Kindeswohlgefährdung unter Berücksichtigung der individuellen Belastbarkeit und der Risikokonstellationen, hat eine hohe Priorität für die öffentliche Gesundheit. Bestehende international verfügbare Studien diesbezüglich werden gesichtet und die Ergebnisse werden harmonisiert, systematisiert und zusammengestellt. Die Auswirkungen der Pandemie auf die Gesundheit von Kindern und ihren Familien werden bewertet, um klar definierte Forschungslücken zu schließen und Forschungsergebnisse zu erzielen, die für Maßnahmen und deren Umsetzung unmittelbar relevant sind. Die Ergebnisse werden schnell und evidenzbasiert eine Grundlage für medizinische Richtlinien und politische Entscheidungen bilden.

Die in NFDI4Health angesiedelte coverCHILD Study Platform bietet darüber hinaus eine Austauschplattform für Studien zu den Auswirkungen der Pandemie (und prospektiv auch anderer Krisen) auf die Gesundheit von Kindern und Familien. Dies soll es Forscher:innen ermöglichen, Informationen über laufende Projekte miteinander zu teilen, den Austausch zwischen Expert:innen erleichtern und die interdisziplinäre Zusammenarbeit zur Kindergesundheit während Krisen fördern.

Leiterin des Arbeitspakets

  • Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer
    Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Arbeitspaket 3

Präventions- und Interventionsinfrastruktur für Kinder und Jugendliche

Immer längere Wartelisten in kinderpsychiatrischen Kliniken spiegeln die psychische Belastung wider, welche die Pandemie für Kinder, Jugendliche und ihre Eltern darstellt. Bei einigen Kindern deuten Pilotdaten darauf hin, dass somatische Langzeitfolgen des Virus, wie z. B. das Chronische Erschöpfungssyndrom (chronic fatigue syndrome), zusätzliche Herausforderungen darstellen.

Daher ist es für das NUM unerlässlich, die Studienplattform für Erwachsene (NAPKON-TIP) durch eine kooperative und nachhaltige Infrastruktur zur Erprobung von Präventions- und Interventionsmaßnahmen bei Kindern und Jugendlichen zu ergänzen. Hierzu werden die pädiatrischen und kinder- und jugendpsychiatrischen Universitätskliniken in Deutschland sowie weitere Institution ihr multiprofessionelles Fachwissen in coverCHILD bündeln.

Leiter des Arbeitspakets

  • Prof. Dr. Stephan Bender
    Uniklinik Köln

Arbeitspaket 4

Digitale Lösungen zur integrativen intersektionalen Versorgung

Es ist dringend notwendig auch junge Patientinnen und Patienten in die interdisziplinäre, intersektionale Versorgung zu integrieren um ihnen bestmögliche Versorgung zu bieten, und sie beispielsweise in der Wahrnehmung von wichtigen Therapien zu unterstützen. Dazu müssen wir ihre Lebensumstände identifizieren, um somatische und psychische Symptome in ihrem konkreten Lebensumfeld zu verstehen und individuell angepasst zu versorgen. coverCHILD bietet daher in diesem Arbeitspaket digitale Lösungen zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Kindern, Jugendlichen, deren Familien und Gesundheitsversorgern.

Die digitalen Lösungen könnten, auf der Grundlage der Ergebnisse von AP2 und AP6, der kontinuierlichen Bewertung von Symptomen für die Behandlungsauswertung in AP3, sowie der kontinuierlichen Integration von Symptomen in die CODEX-Plattform (AP9, COMPASS22), ein Screening und eine langfristige Überwachung somatischer und psychischer Symptome zu Hause ermöglichen. Aufgrund der Besonderheiten der pädiatrischen Versorgung wird coverCHILD die Netzwerke NAPKON-TIP, CollPan und Connect4Covid ergänzen und ihr Fachwissen zu digitalen Lösungen auf Kinder und Jugendliche ausweiten.

Leiter des Arbeitspakets

  • Prof. Dr. Michael Siniatchkin
    Universitätsklinikum OWL Bielefeld

Arbeitspaket 5

Impfen und Testen - Verbesserung der Maßnahmen des öffentlichen Gesundheitswesens für Kinder und Jugendliche

Die Stimmungen, Einstellungen und Teilnahmeabsichten in Bezug auf COVID-19-Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit für Kinder und Jugendliche sind vielfältig und intensiv. Zwei wichtige Maßnahmen für Kinder und Jugendlichen im Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens sind Tests und Impfungen. Zum Beispiel hat in vielen deutschen Bundesländern die Kita- und Schulpolitik die regelmäßige Teilnahme der Kinder an Teststrategien vorgeschrieben.

Wir werden vorhandene Umfrage- und Social-Media-Daten über Wissen und Einstellungen zu COVID-19-Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit – wie Impfungen und Tests – nutzen, um durch statistisches Lernen und Data Mining herauszufinden, wie Stimmungen, also Einstellungen, Glauben und Motivationen in Bezug auf COVID-19, bei Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern verteilt sind. Mit Hilfe von Clusteranalysen erstellen wir dann eine Typologie der Stimmungen, die für maßgeschneiderte und zielgerichtete Maßnahmen genutzt werden kann.
Wir werden vorhandene online Bildungs-/Unterhaltungsvideos daraufhin untersuchen, inwieweit sie die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an COVID-19-Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit fördern. Damit soll ermittelt werden, wer online (z.B. über Soziale Medien) erreicht werden kann und inwieweit Online-Videos das Wissen und die Einstellung von Kindern und Jugendlichen zu COVID-19-Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit, wie Impfungen und Tests, wirksam verbessern können.

Leiter des Arbeitspakets

  • Prof. Dr. Dr. Till Bärnighausen
    Universitätsklinikum Heidelberg

Arbeitspaket 6

Screening und Erfassung der Gesundheit von Kindern und Familien – Methoden-Toolbox

Die Entwicklung eines umfassenden Methoden-Werkzeugkastens wird international standardisierte und etablierte Screening- und Diagnoseinstrumente für die Erfassung der Gesundheit und der Krankheitsfolgen bei Kindern zusammenführen und weiterentwickeln. Zusätzlich zu den bestehenden, etablierten Methoden werden innovative Diagnosemethoden zur Verfügung gestellt.

Die Methoden-Toolbox baut auf einem übergreifenden konzeptionellen methodischen Rahmen auf, der in Themenraum 8 des NUM Netzwerkes entwickelt wurde und der für die Verwendung in coverCHILD weiterentwickelt und angepasst wird. Die Methoden-Toolbox ermöglicht es, Routine- und Praxisdaten aus dem Bereich der öffentlichen Gesundheit und aus dem klinischen Bereich rasch und rigoros zu erfassen, zu analysieren und zu interpretieren.

Zu den Analysemethoden gehören überwachtes statistisches Lernen und Data-Mining-Ansätze zur Ermittlung von Risiken und Resilienz. Sie wird außerdem moderne kontrafaktische Methoden beinhalten, die eine starke Schätzung der kausalen Effektgröße in Beobachtungsdaten ermöglichen. Wir werden außerdem den Bedarf an Interventionen quantifizieren und vorhersagen, und damit einen Zeitplan für die Entwicklung von Interventionen und politischen Strategien für das Screening und die Bewertung der Gesundheit von Kindern und Familien erstellen können.

Leiter:innen des Arbeitspakets

  • Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer
    Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
  • Prof. Dr. Manfred Döpfner
    Uniklinik Köln

Arbeitspaket 7

Schwere COVID-19: Krankheitsbelastung und Epidemiologie

Die genaue Krankheitslast durch schwere COVID-19 Erkrankung bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland, einschließlich der postinfektiösen Folgeerscheinungen PIMS/MIS-C, ist trotz unterschiedlicher Datenquellen bisher nicht eindeutig definiert. Eine umfassende Datenerfassung ist jedoch von entscheidender Bedeutung für politische Entscheidungsfindung, z. B. bei der Durchführung von Eindämmungsmaßnahmen in Schulen und sozialen Gruppen oder für Impfempfehlungen.

Daher sind nachhaltige Konzepte erforderlich, um zuverlässige bevölkerungsbezogene Daten zu erheben, die sich generisch auch auf andere Krankheitsbilder, die sich in der Kindheit entwickeln und starke Auswirkungen auf das gesamte Leben haben, übertragen lassen. Solche Daten sind unerlässlich für die Erstellung von Risiko- und Resilienzprofilen, für die Vorhersage des Schweregrads und der Auswirkungen der Krankheit, für die Umsetzung von Präventionsstrategien, wie z.B. Impfungen, und für die Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse der betroffenen Kinder und Jugendlichen.

Leiter des Arbeitspakets

  • Prof. Dr. Reinhard Berner
    Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

Arbeitspaket 8

Plattform zur Integration und Datenanalyse der Daten zur psychischen Gesundheit und Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen

Epidemiologische Studien haben seit Beginn der Pandemie eine Zunahme von stressbedingten Symptomen bei Kindern und Jugendlichen gezeigt. Ob diese Symptome vorübergehend sind oder ob sie bei Kindern und Jugendlichen, bei denen ein Risiko einer psychischen Störung besteht oder bei denen bereits eine psychische Störung diagnostiziert wurde, zu schwereren Störungen führen können, ist derzeit nicht bekannt.

Studien über die Auswirkungen der Pandemie auf Diagnosemuster, Schweregrad der Erkrankung, Verschlechterung, Rückfall, Suizidalität und behandlungsbezogene Aspekte in Bezug auf das deutsche Gesundheitssystem sind erforderlich, um eine schnellere und bessere Planung der Versorgung bei künftigen Pandemien und anderen nationalen und internationalen Krisen zu ermöglichen. Um auf künftige Krisen rechtzeitig reagieren zu können, ist eine integrierte, dezentralisierte Datenanalyseplattform unerlässlich.

Diese ermöglicht es, schnell (1) klinisch fundierte, datengestützte Evidenz für die Gesundheits- und Sozialpolitik zu gewinnen, (2) andere Forscher auf Probleme der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen aufmerksam zu machen, (3) Muster des individuellen Risikos und der Resilienz als Grundlage für personalisierte, gezielte Interventionen für die am stärksten betroffenen Kinder und Jugendlichen zu untersuchen.

Leiterin des Arbeitspakets

  • Prof. Dr. Christine Freitag
    Universitätsklinikum Frankfurt

Arbeitspaket 9

Kinder und Jugendliche in der Pandemie: Ethische Folgenabschätzung

Die besonderen Risiken und Belastungen, denen Kinder und Jugendliche während der Pandemie ausgesetzt sind und waren, haben erhebliche ethische Fragen und Bedenken aufgeworfen.

Kinder und Jugendliche weisen spezifische Krankheitsmerkmale mit schwerwiegenden kurz- und langfristigen Folgen auf, sind stark durch die Folgen der Pandemie (Schließung von Schulen) mit potenziell lebenslangen Folgen belastet und spielen eine Schlüsselrolle in der Infektionskontrolle, dem Pandemiemanagement und der Impfstrategien.

Es besteht dringender Bedarf, die Auswirkungen der Pandemie und pandemiebedingter Maßnahmen die Kinder und Jugendliche betreffen mittels einer ethischen Folgenabschätzung, systematisch und im Rahmen eines interdisziplinären und ganzheitlichen Ansatzes zu untersuchen. Ein umfassendes Verständnis der tatsächlichen Belastungen von Kindern und Jugendlichen durch die Pandemie, die über die körperlichen und psychischen Folgen hinausgeht und Fragen nach Gerechtigkeit, Teilhabe und den Rechten von Kindern aufwirft, ist Voraussetzung für jetzige und zukünftige verantwortungsvolle Entscheidungsfindung im Gesundheitswesen, in der Gesellschaft und in der Politik in dieser und künftigen Krisen.

Leiterin des Arbeitspakets

  • Dr. Annic Weyersberg
    Uniklinik Köln

Arbeitspaket 10

Wissensaustausch und Kommunikationszentrum

coverCHILD zielt darauf ab, den linearen Wissenstransfer von der akademischen Welt in die Gesellschaft in einem gemeinsamen Rahmen mit CollPan und PREPARED auszubauen.

Darüber hinaus werden mit ergänzenden Arbeitsplänen, welche multidirektionale, strukturierte und partizipatorische Austauschformate mit Fachleuten aus dem öffentlichen Sektor, dem Gesundheitswesen und der Bildung und insbesondere mit Patienteninteressenvertretern nutzen, um einen positiven Kreislauf aus Forschung und Engagement für alle Arbeitspakete in coverCHILD zu schaffen.

Wir werden außerdem evidenzbasierte, altersgerechte, moderne und familien-, jugend- und kindgerechte Outreach-Formate entwickeln, die die Grundlage für Präventions- und Gesundheitsmaßnahmen bilden.

Leiter des Arbeitspakets

  • Prof. Dr. Stephan Bender
    Uniklinik Köln